Der weitgehend im Dunklen agierende, sich staatlicher Regulierung entziehende CDS-Markt regt die Crash- und Untergangsphantasien der aussenstehenden Beobachter zwangsläufig an. Das Ganze kulminiert natürlich unmittelbar vor dem heutigen Schlusstermin zur Annahme der griechischen Anleihenumschuldung. Allerdings hat sich bereits gestern herauskristallisiert, daß wohl mehr als 60% der privaten Gläubiger einer "Freiwilligen Vereinbarung" zustimmen werden (s.
Bloombergartikel). Die zuvor gehegten schlimmsten Befürchtungen werden also - zumindest vorläufig - nicht eintreten; der ungeordnete Staatsbankrott Griechenlands bleibt uns erspart. Für die Märkte stellt dies ein simples Signal dar: RISK ON.
Aktien, EM, Rohstoffe, alles steigt unisono seit gestern wieder an. Interessanterweise trägt die zuvor durchlebte Anspannung aber dazu bei, daß erstmals
kritische Fragen zur Rolle der CDS und der über sie wachenden privaten Branchenvereinigung auftauchen. In dem angeführten Artikel wird übrigens im Zusammenhang mit der drohenden Griechenland-Pleite eine Netto-Risikoposition bei den CDS in Höhe von 3,2 Milliarden USD genannt. Kein kleiner Betrag, im Vergleich zu den Ausfällen bei der Lehman-Pleite aber geradezu "Peanuts"; jedenfalls nichts, was das globale Finanzsystem erneut an den Abgrund drängen würde. Im Gegenteil: käme es wirklich zum Ausfall der griechischen Staatsanleihen, wären wohl manche Analysten und Newsletter-Schreiber darüber überrascht, daß ihr Weltuntergangsszenario zum Sturm im Wasserglas verkommt.
Es fiel mir auch auf, daß Bloomberg sich nun nicht mehr so sehr mit der Eurokrise zu beschäftigen scheint, sondern den Blick verstärkt
Richtung Asien wendet, wo sich abzeichnet, daß die japanische Wirtschaft in sehr viel länger und in größerem Ausmaß unter den Folgen der Fukushima-Katastrophe zu leiden hat. Auch die grundlegenden, strukturellen Probleme des Landes mit seiner extremen Überalterung und der höchsten Staatsverschuldung aller Industriestaaten nähren die Zweifel an der Nachhaltigkeit des japanischen Geschäftsmodells. Die ehemals so erfolgsverwöhnte fernöstliche Wirtschaftsmacht wird gar als das neue Griechenland bezeichnet, sind doch ähnliche Probleme bei der langfristigen Refinanzierung japanischer Staatsschulden zu erwarten.
So läuft eben das Geschäft der Medien. Hat sich Griechenland mit der ebenso großzügigen wie unverdienten Unterstützung seiner europäischen Nachbarn kurzzeitig Luft verschafft, so wird sofort Ausschau gehalten nach dem nächsten auflagenwirksamen Krisenherd. Nach der Krise ist schließlich vor der Krise, oder umgekehrt, oder wie, oder was?