Ich weiss nicht, ob ich das bis jetzt schon hier im Forum getan habe, aber ich oute mich hiermit als jemand, der am Anfang für den Einsatz einer internationalen Militärstreitmacht in Afghanistan war.
Ich fand, dass das Regime der Taliban, welches dermassen menschenverachtend Andersdenkende unterdrückt hat, um jeden Preis gestürzt werden müsste.
Ich gebe auch zu, dass ich mich politisch selten so um 180 Grad gedreht habe, was eine momentane Präsenz der Bundeswehr am Hindukusch angeht.
Die Frage ist doch: Führt die internationale Truppe dort unten Krieg?
Wenn ja, dann muss es das Ziel sein, zu gewinnen. Und wenn das so ist, dann müssen unsere Jungs und Mädels dort unten jegliche Unterstützung erfahren, die von der Gesellschaft unseres Landes geleistet werden kann.
Nicht nur finanziell, sondern auch ideell.
Nur stellt sich dann zusätzlich noch die Frage nach den Kriegszielen. Und jetzt kommt der eigentliche Knackpunkt: Um was geht es dort unten eigentlich?
Wenn gewünscht ist, dass sich die afghanische Gesellschaft in Richtung demokratischer Staat entwickelt, dann kann dieser Einsatz nur Hilfe zur Selbsthilfe sein.
Einen demokratischen Staat westlicher Prägung zu etablieren in einem Land, in welchem grösstenteils noch Clan- oder Stammesstrukturen wie im Mittelalter gelten, und das auch noch mit militärischen Mitteln, halte ich für illusorisch.
Die Staatsform, in der die Afghanen leben wollen, müssen sie zwingend selbst festlegen, da hilft auch kein Uncle Sam. Deshalb würde ich es gut finden, wenn dort unten Aufbauprojekte durchgeführt werden, die die afghanische Gesellschaft stabilisieren helfen: Bildung vor allem, Energieversorgung, Infrastruktur.
Nur leider habe ich seit Jahren den Eindruck, dass es den kriegsführenden Parteien nur um wirtschaftliche Interessen geht, und sonst um nichts. Die o.g. Projekte scheinen mehr oder weniger Alibifunktion zu haben.
Und genau aus diesem Grund wäre ich dafür, die Bundeswehr in einem feststehenden Zeitrahmen dort abzuziehen.
Und wenn das nicht passieren sollte, möchte ich noch anfügen:
Es kann doch wohl nicht sein, dass ein dermassen reiches Land wie die Bundesrepublik es sich selbst in Krisenzeiten nicht leisten kann, eine Armee zu unterhalten, die ihre Interessen schlagkräftig vertritt?
Also wenn es gewünscht ist, dass Deutschland international eine Rolle spielt (inkl. Mandat im UN-Sicherheitsrat), dann wird es irgendwann nicht mehr reichen, sich die militärischen Möglichkeiten hierzu von Verbündeten
zu kaufen.
Wenn schon, denn schon.
@Telefon: Du weisst, dass wir politisch selten auf einer Wellenlänge liegen, und ich hab Dich auch schon oft genug kritisiert, weil mir Deine plakativen, meiner Meinung nach vordergründigen Argumente gewaltig gegen den Strich gingen. Ich denke allerdings, Du meinst auch nicht alles immer in letzter Konsequenz so, wie Du es hier postest.
Meine Unterstellungen, so etwas könne teilweise nur um Suff geschrieben worden sein, habe ich bewusst gewählt, um zu sticheln, und ich hoffe, Du hast das nicht persönlich aufgefasst.
Deshalb möchte ich jetzt die Gelegenheit nutzen, mich an dieser Stelle in aller Form zu entschuldigen, sollte ich Dir damit zu nahe getreten zu sein. Ich hatte bislang allerdings den Eindruck, dass Du über entsprechende Nehmerqualitäten verfügst, soviel zu meiner Ehrenrettung.
Also raus aus dem Schneckenhaus, Soldat, was soll den sonst Erwin R. von Dir denken?
Und sonst ist einer weniger zum Streiten da...
Hochachtungs
voll
OG zur See d. R.
Snoerch