Bumerang hat geschrieben:So einfach ist das nicht, wintertanne.
Ich stimme der Beschreibung der Situation bei Boeing grundsätzlich zu, doch mein Fazit ist ein Anderes.
Wettbewerb gibt es immer und dem muss man sich stellen. Es gibt KEINE Entschuldigung, wenn man aus wettbewerbsgründen an der Sicherheit spart. PUNKT. Ein physikalisch nicht stabiles Flugzeug zu bauen, ist m.M.n. kriminell.
Boeing muss sich eingestehen, dass es den Wettbewerb mit Airbus verloren hat. Das ist symptomatisch für ein Großteil der US Industrie. Denn Airbus hat das gleiche Problem mit Kunden, die billig fliegen wollen und entsprechender Airlines die billig kaufen wollen.
Genau so ist die Stärkung der Passagierrechte kein ausschließliches Problem von Boeing. Ich begrüße diese Gesetzesänderungen! Mit welchem Recht darf eine Airline, Passagieren unbegrenzt höhere Kosten zu verursachen?
Boeing hat den Dino 737 einfach nur weiter geflickt anstatt auf Innovation zu setzen. Das ist deren Hauptproblem!
Deshalb sind die "geizigen" Kunden ein absolutes Scheinargument.
Zufällig habe ich in einem Management Seminar über besonders erfolgreiche Unternehmen, bzw deren Geschäftspolitik etwas gelernt, das der Aussage, die „geizigen Kunden“ wären das Problem, widerspricht. Zur damaligen Zeit waren folgende Unternehmen genannt: Zara, Cirque de Soleil, Vodafone (inzwischen nicht mehr) und Southwest Airline, der erste Billigflieger der Welt. All diese Unternehmen hatten etwas innovatives in der Branche hervorgebracht. Zarra den 14 Tage Taktung der Mode, CdS hat jedem Künstler fast alle Forderungen bzgl. Ausstattung der Nummer erfüllt, aber bei einem vergleichbar kleineren Gehalt, bei Vodafone weiß ich nicht mehr.
Bei Southwest ist die Story besonders interessant.
Vor den Billigfliegern gab es meist sogenannten Hub-and-Spoke Verbindungen der großen Fluglinien.
Heißt, z.B. Lufthansa hat aus ganz Deutschland über interne Flüge die Passagiere nach Frankfurt gesammelt, um sie z.B. nach New York zu fliegen. Auf den internen Verbindungen hat man kaum bis gar nichts verdient, da die Flieger nicht voll waren und viel auf dem Boden standen, dafür aber auf der Langstrecke nach New York oder sonst wohin.
In den USA gab es auch Hubs die alle Passagier aus dem Bundesland gesammelt haben, um sie dann auf die andere Seite des Landes lukrativ zu fliegen.
Es gab damals 4 große Fluggesellschaften, die ein Oligopol bildetet und mit allen Tricks verteidigten, weshalb die Flüge entsprechend teuer waren. Um eine neue Airline in Betrieb zu bekommen, mussten unheimlich viele Bürokratische Hürden genommen werden. Viele davon unbegründet und nur Ergebnis der Lobbyarbeit der Großen. Hat man das irgendwie geschafft, stieß man auf das nächste Problem. Um von den Großflughäfen Langstreckenflügen absolvieren zu dürfen, außerhalb des Bundeslandes, mussten weitere Hürden genommen werden. So in etwas war das. Wer mehr Details kennt, kann sie hier posten.
Was weniger bürokratisch ging, waren Direktflüge, sogenannte Point-to-Point Verbindungen von Kleinflughäfen innerhalb eines Bundeslandes. Die Großen wussten, dass das kaum rentable sein würde. Ein Flieger verbraucht bei Start und Landung den meisten Treibstoff. Je kürzer die Strecke, desto schlechter die Rentabilität, weil der Verwaltungsaufwand gleich groß ist.
Allso musst man sich etwas einfallen lassen, um rentabel zu sein. Die Flieger mussten auf den Kurzstrecken auf alle Fälle voll sein. So hat man die Ticketpreise stark reduziert, kurz vor dem Flug sogar zu Selbstkosten angeboten, Hauptsache der Flieger war voll. Klar war auch, dass es dann kein Service mehr gab. Dafür aber ein unvergleichbar günstiger Preis. Auf einer Strecke von 2 bis 3 Stunden, braucht man nicht unbedingt warmes Essen. Auch hat man den Piloten geringere Löhne bezahlt, aber, und das war innovativ, ihnen ein quasi nine to five Job angeboten. Also morgens zu Arbeit abends nach Hause. Das war bei den Großen unmöglich. Ein weiterer Aspekt war, dass Langstreckenflüge langweilig waren. Piloten mögen Starts und Landungen und nicht zu Passagieren des Autopiloten zu verkommen. Sie flogen also von A nach B nach C nach D und dann wieder nach A zurück. Jeden Tag viele „geilen“ Starts und Landungen und abends mit dem Nachbarn grillen. Deshalb gab es auch keine Probleme, Piloten zu rekrutieren die mit weniger Geld zufrieden waren.
Die Flieger waren deutliche länger in der Luft die Verwaltung einfacher, die Gebühren bei den Kleinflughäfen geringer und so hatten sie die zunächst höheren Kosten wieder wett gemacht. Sie verdienten sogar genug Geld, um zu expandieren. Gleichzeitig hatten die Großen auf den Kurzstrecken aber ein Problem bekommen, denn auf denen waren sie schlicht nicht mehr wettbewerbsfähig. So waren ihre Flieger auf den Kurzstrecken nur mit den Passagieren belegt, die Anschlussflüge auf Langstrecken absolvierten, was sie noch weniger rentabel machte. So begann die Erfolgstory der Billigflieger aufgrund des Oligopols der großen Fluggesellschaften.
Der Passagier als Kunde hatte gar keine Karten im Spiel! Er hat nur vom Wettbewerb profitiert.
Es mag zwar sein, dass heute Ryanair die Kosten bei Boeing stark gedrückt hatte. Doch nur weil Ryanair richtig kalkuliert kann. Mehr verbrauch muss heißen, kleinerer Preis. Boeing ist schließlich nicht gezwungen den Preis zu akzeptieren. Es sei denn, die Aufträge gehen generell zurück, weil sie im Wettbewerb den Kürzeren ziehen.
Die Flugzeuge wurden im Laufe der Zeit immer leiser, leichter und besser. Naja, nicht alle
. Das spricht noch mehr für Kleinflughäfen und „Billigflieger“!
Der Spruch „Geiz ist geil, ist zwar provokativ. Doch wenn man das zu Ende denkt, muss jedem normal denkenden Menschen klar sein, dass das für jeden BWL-er das Butter und Brot Geschäft ist.
Warum darf denn der Kunde nicht sparen? Nur weil der BWL-er eine höhere Marge möchte?
Monopole und Oligopole müssen dem freien Markt weichen.
Mögen die Besseren gewinnen.
Nun, der Start der Billigfluggesellschaften war relativ einfach. Damals gab es zum Fliegen eben noch den klassischen Service. Zeitung, Getränke, Essen auch auf der Kurzstrecke. Relativ viel Freigepäck. Fliegen hatte damals noch seinen Preis. Aus BWL Sicht würde ich es jetzt nicht als Leistung ansehen, jeden Service zu Streichen damit ich günstiger werde. Aber soweit nachvollziehbar.
Wie kann man noch Geld sparen? Am ehesten das was du sagst. Flieger zur Not auch mit Verlust füllen (Passagiere bringen mit Glück später Geld rein, indem Sie Gepäckstücke zuzahlen, im Flieger doch den Kaffee bezahlen oder der Flughafen jeden Passagier subventioniert (z.t. gibt es einen Betrag x pro Passagier für die Fluggesellschaft). Man erhöht die Zeit in der Luft, also Standzeiten am Boden. Gewisse Betreiber verlangen vom Flughafen bestimmte Zeiten, bis ein Flieger fertig ist (Passagiere rein, säubern, Fracht , Betanken, etc.)
Das lässt sich alles bis zu einem Punkt ausquetschen. Danach käme Personal. Das ist in der Bezahlung nicht exklusiv, andere Branchen drücken auch. Was in der Luftfahrt speziell ist, ist das ausnutzen internationaler Gesetze. Ob es nun die Akzeptanz ist, das Leute Scheinselbständigkeit betreiben auf Provision, das es normal ist, für Reparaturen z.T leer quer übern Globus zu jetten. Nun, muss jeder selber sagen ob das ok ist.
Letztlich könnte man ja sagen, wer mit der billigsten Konkurrenz fliegt, müsse entsprechend mit gewissen Dingen leben. Am Ende zieht es aber alle runter.
Ich kann ja nur aus meiner Sicht berichten. Fliegen ist sicher, das will ich nicht bestreiten. Aber die dunklen Bereiche sind riesig geworden. Piloten die eben auf Provision arbeiten, gehen auch sichtlich geschwächt an den Start. Bodendienste sind hoffnungslos überlastet, wodurch die Basics verloren gehen. Heute wird z.b. Betankt, obwohl Passagiere mit an Bord sind. Früher ging das nicht. Sicherheit für den Fall der Fälle, heute etwas relativiert.
Wartung kann eigentlich nicht zwischen den Flügen gemacht werden. Bei 30 Minuten nicht drin. Gelingt es nicht, Entschädigung für die Passagiere. Also ab in die Nachtschicht schicken.
Fluglotsen sind eigentlich unterbesetzt.
Fluggesellschaften bringen ihre Lizenz in Luftfahrtfreundliche Länder. Malta ist z.b so eins. Günstiger, weniger genau.
Wie es mit der generellen Sicherheit steht... naja. Die schweren Vorfälle häufen sich wieder.
Überschießende Flieger, weil unbedingt der erste Versuch sitzen muss (Zeit). Man Tankt bewusst möglichst wenig (übrigens super BWL), Gewicht sparen und volltanken in Ländern, wo der Sprit günstiger ist. Enteisung ist auch nicht mehr so „lieber einmal mehr“.
Die Mechanikerstunde lässt sich heute bis auf 50€ drücken. Mehrarbeit gegenüber Vorgabe wird nicht bezahlt. Piloten zahlen zum Teil, damit sie fliegen.
Boeing drückt unausgereifte Systeme in den Markt. Airbus auch (das Problem mit den Pitotrohren bei AF447 war nicht ganz unbekannt).
Triebwerkshersteller sind getrieben, immer mehr Leistung bei weniger verbrauch. Die Zulieferer sind getrieben, immer mehr Stückzahl bei sinkenden Preisen und keinem Arbeitsmarkt (vor Corona leergefegt). Ungelernte, Quereinsteiger berufsfremder Branchen (z.b Schuster).
Behörden die Gesetze nicht durchsetzen. Deutschland z.b. hat ein Verfahren seitens der EU, worin BRD billigend Gesetzesbruch erlaubt und stellt es seit Jahren nicht ab. Die EASA bestätigt sogar, das dieses zu Sicherheitsrisiken führen kann.
Letztlich ist es nicht nur Boeing, darum ging es ja hier, der den Bogen bis zum Zerreißen spannt. Da sind alle am Ziehen. Eigentlich gab es an bestimmten Stellen immer Punkte, wo jemand einschreitet und das weitere ziehen unterbindet. Letzteres findet kaum mehr statt, denn ziehst du nicht mit wird der Bogen sinnbildlich in einer anderen Nation gezogen.
Das Versagen der letzten Stellen, die Behörden, ist dann der eingelegte Pfeil. Loslassen scheinen dann die Kunden, wenn sie für 9,98 nach Malle wollen.
In Zeiten wie Corona ein Bild, das sich nun überall zeigt. Tausende Pflegekräfte aus Osteuropa, die nun nicht kommen können. Produkte die nun systemrelevant sind, nur per Auktion in Fernost zu bekommen. Leere Lager, da Lagerware nur stehendes Kapital ist. BWL at its best. Es läuft, solange es läuft. Kippt etwas, fällt es sofort.
Die Luftfahrt zeigt das schon lange, sicher auch wegen seiner maximalen Globalisierung seit Anbeginn.
Kleine Story dazu. Es gibt einige Flieger die zur großen Inspektion müssen. Nach Philippinen, China, eben weit weg. Geht gerade nicht. Selbst wenn, Billiglohnländer kämpfen auch mit Ausgangssperren. Nun gab es eine Prüfung, hier in Deutschland machen? Teuerer ja. Aber bevor die Zeit ungenutzt ist. Machbar? Ja und nein. Die Prozesse geben das kaum her. Aber selbst unter Vollbesetzter Mannschaft nicht in der Vorgabe zu schaffen. Man hat eben nicht 30.000 Mannstunden zur Verfügung in 6 Wochen. Am Ende Faktor 4 in den Kosten. Konventionalstrafe wenn überfällig. Abgeschmettert. Kurzarbeit.
Aus BWL Sicht sicher richtig. Der Kunde wäre niemals bereit Qualität aus Deutschland zu zahlen. Zumindest nicht für die großen Checks. 5 Mio Aufwärts muss erstmal verdient werden.