Ich habe ja ein Weilchen überlegt, ob es Sinn mach in einer Diskussion wo von Populismus, Neid, Umverteilungsempfängern usw. gesprochen wird überhaupt zu antworten.
Ja Chinese, ich stimme Dir vollkommen zu, es wird immer schwerer und uninteressanter sich durch harte Arbeit ein Vermögen zu schaffen. Aus diesem Grund und auch weil ich kein Vermögen mehr schaffen muss, werde ich ab Januar meine Arbeitszeit deutlich reduzieren und dennoch weiterhin im Spitzensteuersatz landen
(weil der IMHO zu früh greift). Das nur zum Thema Neid und Umverteilungsempfänger.
Was die Besteuerung der GmbH und auch der AG angeht, hast Du und hat auch das Irre Ding im Grunde Recht. Aber ich sehe hier einen entscheidenden Unterschied, nämlich die von Dir erwähnte "harte Arbeit".
Eine GmbH ist in der Regel inhabergeführt. Wenn jemand ein Unternehmen gründet oder übernimmt, überlegt er sich, ob er dieses Unternehmen in Form eine Personengesellschaft, einer Kapitalgesellschaft oder einer Mischform gestaltet. Dass er dabei versucht sein Einkommen (das aus Unternehmerlohn, Kapitalverzinsung usw. besteht) steueroptimal zu gestalten ist verständlich und legitim. Je nachdem welche Gesellschaftsform er wählt zahlt er irgendwo zwischen 40 und 50% Steuern, bis er das Geld privat zur Verfügung hat. Aber je nachdem welche Form er wählt, trägt er auch privat Risiken.
Das heißt, wer unternehmerisch tätig ist, dem bleiben für diese Tätigkeit vom erwirtschafteten Gewinn ein Nettoertrag von 50-60%. (Soli lasse ich der Einfachheit halber mal außen vor). Bewegt sich dieser Nettoertrag in hohen 5-stelligen oder im niedrigen 6-stelligen Bereich, so gibt der Unternehmet einen Großteil dieses Geldes wieder für private Dinge aus, fördert er die Wirtschaft und zahlt hier weiter Steuern (MWSt., Grunderwerbsteuer wenn er ein Immo kauft, wie auch diverse andere Verbrauchssteuern). So dass letztendlich vom ursprünglichen Gewinn wohl deutlich über 70% wieder beim Fiskus landen.
Aktienbesitz per se (unabhängig davon ob man sie geerbt, oder gekauft hat) stellt in meinen Augen keine unternehmerische Tätigkeit dar und hat mit harter Arbeit absolut nichts zu tun. Und die Risiken beschränken sich im Extremfall auf den Verlust des Kapitals, wohingegen der Einzelunternehmer meist auch privat haftet. Dennoch wird für dieses Einkommen die Steuer bei 25% gedeckelt.
Bewegt sich dieses Einkommen nun in Größenordnungen, dass selbst bei exklusiver Lebensführung nur ein niedriger 1-stelliger Prozentsatz für den Lebensunterhalt wieder ausgegeben wird, liegt die Gesamtsteuerquote in der Region um die 30%. Und die Dividende ist ja noch nicht mal Alles, es gibt ja auch noch Kursgewinne. Die Beispielhafte BMW-Aktie ist in den letzten 20 Jahre um 238,5% von 22,52 € am 30.10.1998 auf 76,23 € am 31.10.2018 gestiegen. Und auch hier realisierte Gewinne würden beim Verkauf nur mit 25% versteuert.
Das hat nichts mit Neid (dieses Gefühl ist mir fremd) zu tun, aber ich finde es zum Kotzen, dass die Gesamt-Steuerquote für Einkommen im Bereich von Hunderten Millionen, grob überschlagen unter der Hälfte der Steuerquote meines im Vergleich dazu mickrigen Einkommens liegt.
Ich kann es nicht ändern, aber wenn man schon für blöd verkauft wird, sollte man das schon erkennen und muss es nicht gut heißen. Man muss nicht Hurra schreien, wenn man verarscht wird.
Und ganz ehrlich, wenn meine Steuern schon umverteilt werden, dann ist es mir persönlich lieber, wenn das Geld dort landet, wo es benötigt wird und wo es auch wieder umgesetzt wird und damit die Wirtschaft fördert, als dass es Superreichen ermöglicht, weitere Vermögenswerte anzuhäufen, die dann auch wieder weitere (steuerbegünstigte) Kapitalerträge generieren.
Momentan ist es doch der Mittelstand (vom leitenden Angestellten bis zum mittelgroßen Unternehmer - also Menschen die hart arbeiten) der einen Großteil des Gemeinwesens finanziert. Bei den Kleinen ist nichts zu holen und bei den Großen wird niedrig besteuert (was auch der Steuerkonkurrenz verschiedener Länder geschuldet ist, aber das ist ein Anderes Thema - könnte man nur global lösen).
Und darin sehe ich den Grund, weshalb es für denjenigen, der tatsächlich mit harter Arbeit sein Geld verdient, immer schwieriger und uninteressanter wird Vermögen zu schaffen.
Und was mich dabei antreibt ist nicht mal vordergründig mein, durchaus ausgeprägtes soziales Gewissen, sondern viel mehr die Sorge. Und zwar die Sorge, dass die offensichtliche Schieflage (extremer Vermögenszuwachs bei den Reichen) über kurz oder lang zu Vermögenssteuern und oder -abgaben, höherer Erbschaftssteuer usw. führen wird.
Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass diese aber nicht in erster Linie die Reichen treffen wird (die finden Mittel und Wege das zu optimieren), sondern diejenigen, die es trotz widriger Umstände durch harte Arbeit geschafft haben sich ein (kleines) Vermögen zu schaffen. Und offen gestanden sehe ich es nicht ein, mehr zu bezahlen, nur damit die Reichen immer reicher werden.
lifesgood