Freut mich, wenn das Thema gefällt.
Bin gerade endlich mal auf einen Hinweis zum Fünfzigpfennigstück gestoßen. Reichstagsdebatte vom 14. Juni 1904 zur Änderung des Münzgesetzes.
https://digi.bib.uni-mannheim.de/viewer ... 4/0226.jp2Es geht einmal mehr um ein Dreimarkstück als Ersatz für den Taler, der ja immer noch als Kurantmünze gültiges Zahlungsmittel ist. Wieder fehlt nicht die Kritik, dass ein Dreimarkstück ja nicht in das Dezimalsystem passe.
Der Staatssekretär im Reichsschatzamt, Frhr. von Stengel, sieht keine Notwendigkeit für ein Dreimarkstück. Er sieht stattdessen die Gefahr, dass mit der Debatte über ein Dreimarkstück die
"seit Jahren als ein dringendes Bedürfnis empfundene Aenderung und Verbesserung des Fünfzigpfennigstücks" zu scheitern drohe. Das scheint miteinander gekoppelt gewesen zu sein. v.Stengel: "Ich bemerke, daß man demnächst die Ausprägung von neuen Fünfzigpfennigstücken in ziemlich erheblichem Umfang in Angriff wird nehmen müssen." An den alten 50ern bestand also ein Mangel, auch weil sie im Alltag natürlich eine große Rolle spielten. Ich würde mal aus heutiger Sicht schätzen, dass so eine halbe Mark heute mit der Kaufkraft von fünf Euro vergleichbar ist, oder? Klar, dass eine solche Münze für den Alltag wirklich wichtig war.
Bei
Numispedia habe ich dann den Eintrag gefunden, dass die Fünfziger offenbar schnell mit dem "Groschen" verwechselt wurden, also mit dem Zehnpfennigstück aus Nickel, das sogar etwas größer war. Bild- und Wertseite waren nach 1873 ähnlich gestaltet. --- Kann also gut sein, dass die Änderung in "halbe Mark" eher hierrauf zurückzuführen ist. Die Gestaltung als halbe Mark mit Eichenkranz und großem Adler ließ sich beim schnellen Blick in die Börse sicher besser vom schlichteren Groschen unterscheiden. Andererseits: Das Fünfzigpfennigstück trug schon seit 1896 den Wert "50 PFENNIG" im Eichenkranz ähnlich wie eine Mark. Dieser Mangel war also schon behoben. Die Änderung zu "1/2 MARK" war da gar nicht mehr so augenfällig.
Weiter in der Reichstagsdebatte. Ein "Dr. Arendt" von der Reichspartei tritt hier in allen Debatten als Verfechter des Talers auf und macht sich deshalb für ein Dreimarkstück stark. Er argumentiert: "Das Dezimalsystem ist ein Zugeständnis an die schriftliche Rechnung, nicht an den Münzverkehr." Im Münzverkehr bestehe im Volk das Bedürfnis nach einem Dreimarkstück, auch bei Restaurants und Warenhäusern. Dagegen nehme "das Publikum" das Fünfmarkstück nicht gern an, weil es zu groß sei. Interessant hier: Weil es zu groß war, haben es offenbar viele Menschen eher als "Schatz" oder "Notgeld" an die Seite gelegt, anstatt es mit sich herumzutragen. Das bezeichnet Arendt als "außerordentlich bedenklich, denn es hat als Münze nur einen Wert von 1,90 M". Er spielt also auf den 1904 deutlich gesunkenen Wert von Silber an. Es lohnte sich also damals schon nicht mehr, die Scheidemünzen als "Silberschatz" auf die Seite zu legen. Arendt kritisiert außerdem, dass immer mehr alte Taler zur Umprägung in neue Reichssilbermünzen genutzt werden und damit aus dem Verkehr verschwinden.
Der nachfolgende Redner, wieder Frhr. von Stengel aus dem Reichsschatzamt, sieht aber in den alten Talern die einzige halbwegs günstige Möglichkeit, an neues Silber für die benötigten Reichssilbermünzen zu gelangen. Denn es gab sonst kaum noch andere alte "Landessilbermünzen", die man für die Neuprägung hätte einziehen können.
Ein weiterer Redner bringt als Idee auf, das Fünfmarkstück dadurch zu verkleinern, dass man seinen inneren Wert durch den Zusatz von Gold erhöht. Auch interessant.
Am Ende - wenn ich es richtig gelesen habe - beschließt der Reichstag die Einführung eines Dreimarkstücks. Wenn ich das richtig sehe, wird dieser Beschluss aber später vom Bundesrat kassiert, sodass es bis 1908 dauerte, eh man das Dreimarkstück einführte.
Nicht ganz verstanden habe ich die letzten Ausführungen zum Fünfzigpfennigstück und was da nun beschlossen bzw. abgelehnt wurde. Muss jetzt auch meinen Computer verlassen. Deshalb kann ich das an dieser Stelle nicht weiter nachschauen. Nur soviel: in der Debatte ging es nicht um die Verwechselbarkeit zum Zehnpfennigsgtück, sondern zum Fünfpfennigstück, also anders als sich es oben aus Numispedia zitiert habe. --- Später mehr.